Am 09.07.16 wurde der diesjährige Beginenpreis im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung im Tübinger Salzstadel an Margrit Schumacher verliehen. Die Veranstaltung, zu der ca. 60 Gäste gekommen waren, wurde von dem Nürtinger Gitarrenorchester unter der Leitung von Mandy Bahle musikalisch begleitet.
Mit dem Beginenpreis zeichnet die Stiftung alljährlich Frauen aus, die sich ehrenamtlich für ihre Mitmenschen engagieren und nicht im Focus der Öffentlichkeit stehen.
In ihrer Laudatio stellte Cordula Schmidt-Körner vom Stiftungsrat die Preisträgerin und deren Wirken vor: Frau Schumacher, gelernte Bekleidungstechnikerin, zog zwei Söhne alleine groß. Da sie deshalb die in ihrem Beruf erforderliche Reisetätigkeit nicht mehr ausüben konnte, arbeitete sie viele Jahre und sogar bis über das 70ste Lebensjahr hinaus als Sekretärin. In der methodistischen Gemeinde Tübingen kümmert sie sich im Pfarramt ehrenamtlich um Sekretariatsaufgaben und wirkt mit bei der Organisation größerer Veranstaltungen. Sie begleitet Menschen zum Gottesdienst, macht wöchentliche Krankenbesuche, hilft bei Einkäufen oder übernimmt Fahrdienste. Über Jahre hat Marit Schumacher auch im Tafelladen mitgearbeitet. Um Gutes zu tun, fordert sich die agile Preisträgerin auch körperlich. So hat sie vor zwei Jahren an einem Sponsorenlauf teilgenommen und so viele Runden geschafft, dass eine beträchtliche Summe für ein Hilfsprojekt zustande kam.
Auch Pastorin Dorothea Lorenz von der evangelisch-methodistischen Gemeinde würdigte die Verdienste von Frau Schumacher. Diese gibt sich in ihrer Dankesrede bescheiden mit den Worten: „Jeder macht das, was er kann und möchte.“
Den Festvortrag zum Thema „Frauen auf der Flucht – ankommen – aufnehmen – miteinander leben“ hielt Luzia Köberlein, die Gleichstellungs- und Integrationsbeauftragte der Stadt Tübingen. Sie wies darauf hin, dass die in der Beginenbewegung gelebten Werte und Haltungen wie Frauensolidarität, Vielfalt und gemeinschaftliches Zusammenleben auch im Hinblick auf ihr Thema von großer Bedeutung sind. Frau Köberlein berichtete von der besonderen Situation von Frauen auf der Flucht: Sie fliehen, genauso wie Männer, vor Terror und Krieg und darüber hinaus auch vor geschlechtsspezifischer Gewalt in Form von sexualisierter Gewalt, Früh- oder Zwangsverheiratung und Zwangsprostitution. Frau Köberlein wies darauf hin, dass die im Krieg und auf der Flucht erlebten Traumata, das lange Warten darauf, ob dem Antrag auf Asyl stattgegeben wird, das Erleben von rassistisch motivierter Ablehnung oder Gewalt ein Ankommen und zur Ruhe kommen kaum möglich machen.
Nach Aussage von Frau Köberlein liegt der Schlüssel bei der Sozialbetreuung von Geflüchteten im Landkreis bei 1 zu 140. Erfreulicherweise gebe es in Tübingen ein großartiges zivilgesellschaftliches und ehrenamtliches Engagement und inzwischen 16 selbst organisierte Freundes- bzw. Unterstützerkreise. Dabei seien es vor allem Frauen, die sich für Flüchtlinge engagieren. Damit Integration und Inklusion gelingen könne, forderte Frau Köberlein spezielle Räume und Programme für Frauen sowie eine langfristige Stadt- und Quartiersentwicklung, die den Bedürfnissen aller gerecht werden müsse.
Das Nürtinger Gitarrenorchester erhielt für seine musikalischen Beiträge zum Ende der Veranstaltung anhaltenden Applaus und verabschiedete sich mit einer Zugabe. Alle Gäste waren im Anschluss der Feier noch zu einem Sektempfang ins Beginenhaus Mauerstraße eingeladen. Herzlichen Dank an alle, die zum Gelingen der Veranstaltung beigetragen haben.
von Beate Horn